
Teheran die Metropole im 21Jhd. und meine Geheimtipps
Von den meisten europäischen Reisenden wird Teheran eher gemieden oder nur kurz gestreift. Verständlich wenn man bedenkt, dass sich in der 16 Mio. Einwohner Metropole der Verkehr durch 8spurige Stadtautobahnen wälzt. Alleine der tägliche Pendlerverkehr aus den umliegenden Orten lässt die Stadt tagsüber um 3 Mio. Menschen anwachsen.
Ich selbst habe mir sehr schwer getan mich an dieses Gedränge zu gewöhnen und da wirft man schon gelegentlich die Nerven weg, wenn einer zum zehnten Mal in drei Minuten vor der Kühlerhaube sich hinein zwänget. Am Anfang, als ich noch „gesittet“ gefahren bin hab ich fast monatlich einen Unfall gebaut aber später ist mir eine Idee gekommen.
Ich hab das ganze als Spiel gesehen, Tetris ist die Lösung, seither funktioniert es perfekt und ohne Unfall.
Aber ich bin vom Thema abgekommen, ich wollte eigentlich über Teheran erzählen. Diese, scheinbar alles verschlingende, Stadt hat Ihre hübschen Seiten und darüber mochte ich in diesem Blog erzählen. Da ist einmal die Tochal Seilbahn, eine der längsten der Welt (möglicherweise auch eine der betagtesten), bringt mich in 4 Stationen direkt in schwindelnde Höhen auf 3740 m Seehöhe. In weniger als 40 Minuten Fußmarsch stehe ich am Gipfel der Alborz Berge, dem Tochal mit 3876m. Die Aussicht ist phänomenal, ganz Teheran liegt mir zu Füssen und ich kann bis zum späten Nachmittag einfach mit ein paar Bergwanderern plaudern oder in der Sonne liegen um mich selbst im Bildnis eines Sonnenkönigs vorzustellen.
Ein anderer, ganz verträumter, Ort ist ein Caféhaus im Norden der Stadt. Erbaut im Stil der Qajarenzeit ist es ein Ort der himmlischen Ruhe oder auch den künstlerischen Austausch, je nach Lust und Laune. Das Café selbst ist klein und bietet Sitznieschen aber der Garten mit seinen Wasserrinnen, alten Kastanienbäumen und versteckten Blumenbeeten ist ein Ort der Poesie. Viele Stunden habe ich hier verbracht und nach Sinn und Unsinn meiner Iranimmigration gesucht. Es hat mir immer geholfen, wenn ich verzweifelt das Gute suchte. Glücklicherweise befindet sich angrenzend, für all jene Besucher die sich ungern dem dahinsinnen ergeben, eine Kalligraphie Schule sowie ein Museum der modernen Künste. Für kontaktfreudige Menschen ergibt sich also immer die Gelegenheit des kulturellen Austausches. Hier könnte ich Sitzen im Schatten, unter den alten persischen Bäumen, bis ich selbst zum Schatten werde.
Wer es ein wenig weltlicher mag den empfehle ich ein Besuch im Westen der Stadt, dem sogenannten Chittgar Viertel.
Hier trifft sich sich das „who is who“ der Stadtelite zum Shoppen oder gesehen werden. Gucci und Co sucht man aber vergeblich. Selbst in der Iran Mall, die sich selbst als größte Mall der Welt kührt, bekommst du alles Made in Iran. Ich finde hier ganz locker einen Perserteppich für zweihundert tausend Euro oder einen Seidenschal für eintausend Euro, da können sich Versace und Louis Vuitton verstecken. Umrahmt von Wolkenkratzern trinke ich den Espresso von Illy und schaue mit entzücken den stylisch gekleideten Perserinnen nach. Die Damen von Welt lassen sich im Hannah SPA Center für die privaten Abendpartys aufputzen und die Herren polieren noch rasch die Außenspiegel ihrer Porsche oder Mercedes, alles ist möglich im Iran.
Ich hätte noch wirklich unzählige Tipps für Dich aber einer liegt mir doch noch sehr am Herzen. Im Zentrum der Stadt, nahe dem Emam Khomeini Platz, gibt es eine versteckte rote Villa mit 3 Stockwerken. Kein Schild an der Tür und kein Hinweis auf das was dahinter ist aber mit mir an der Hand kommst du hinter das Geheimnis. Es ist ein Waisenhaus mit glücklichen Kindern die zwischen den Zimmern und Gängen umhertoben. Geld aus öffentlichen und privaten Mitteln ist vorhanden um Kindern von der Straße ein Zuhause zu bieten. Mitbürger spenden ihren Anteil in Form von Geld oder Lebensmitteln sodass kein Mangel an Lern und Spielzeug vorhanden ist. Keine Angst, ich will dich nicht zum Spenden animieren, nur zum Sehen, dass auch der Iran an seine Kinder denkt.
Herbert Kössner